Sonntag, 13. Mai 2007

1770

Teil 5: Auf nach 1770


Am Donnerstagmorgen dachte ich, dass meine Tante von dem gut organisierten Aufbruch am Montag etwas gelernt hätte. Koffer waren zu meiner Überraschung schon am Abend vorher gepackt worden und zwecks einfacher Verladung in der Diele gestapelt. Ich hatte aber ein weiteres Mal nicht mit den Einfällen der kleinen Nervensäge gerechnet. Dieses kleine Balg eröffnete uns 10 Minuten vor Abfahrt, dass sie unbedingt ein Spielzeug aus einem der Koffer haben müsse, die glücklicherweise schon alle im Auto waren. Also wurden sämtliche Koffer wieder ins Haus geholt und ich konnte meine überaus eifrige Tante nur mit Mühe davon abhalten auch meinen Kulturbeutel zu durchsuchen. Als dem Flegel dann nach 1 ½ Stunden wilder Sucherei wieder einfiel, dass sie das Spielzeug zu Hause gelassen hatte, hielt mich nur der Gedanke an den langen Krankenhausaufenthalt davon ab, meine Hände ein bisschen um ihren Hals zu legen. Mit dieser leichten Verspätung bei der Abfahrt fuhren wir dann endlich nach 1770. Dies hieß erneut 3 ½ Stunden eingesperrt auf engstem Raum mit High5 oder, falls die einmal nicht laufen sollten, Murren und Geschrei sowie den sehr sinnvollen Kommentaren meiner Tante: ”Wenn dieser Berg nicht mitten im Weg stehen würde, könnten wir schon das Meer sehen”. Mag ja sein, aber die Tatsache dass der Berg unweigerlich existierte und zwischen uns und dem Meer zu diesem Zeitpunkt noch immer eine Strecke von 250 Kilometer lag, ließen mich an dieser Aussage zweifeln. Als wir nach 4 Stunden dann das Ortsschild zu 1770 passierten, die Stadt heißt so weil sie von James Cook 1770 gegründet wurde, konnte ich durch einen genialen Einfall einen weiteren Broschürenanfall verhindern (der Nachteil war, dass ich mich danach an dem sehr einseitigen Gespräch über den ach so tollen Baum am Straßenrand beteiligen musste).

Die weitere Fahrt zu unserem Hotel verlief aber ungewöhnlich ruhig, was mich jedoch unruhig machte. Als auch das Einchecken relativ normal verlief (die Worte verließen den Mund meiner Tante diesmal nur so langsam, dass man die Schallwellen sehen konnte), begann ich zu überlegen, ob die ganzen Ereignisse der Tage davor, einfach nur Zeichen von Überarbeitung waren. Dieser Gedanke verließ mich aber, nachdem wir unsere Schlüssel erhalten hatten und uns auf den Weg zu unserem Ferienappartement machten. Wenn man zwei identische Schlüssel in die Hand gedrückt bekommt auf denen ein und dieselbe Nummer (48) steht, hält man nicht vor den Appartements 39, 40, 41 und 42 und fängt an auszupacken. Es macht nämlich recht wenig Sinn, sämtliche Taschen zur Mittagshitze weitere 200 Meter zu unserem Appartement zu tragen. Als ich meine Tante von diesem logischen Gedankengang überzeugt hatte, zeigte sie Gnade und vollbrachte es die letzen 200 Meter zu unserem Appartement im Auto zurückzulegen. Unter Umständen hätte man dann auch noch so parken können, dass man die Koffer aus dem Kofferraum entnehmen kann, ohne dabei die Dehnbarkeit einer russischen Turnerin zu benötigen (dafür wäre aber natürlich ein größerer Parkplatz von Nöten gewesen, die 30 Quadratmeter, die unser Hotel zur Verfügung stellte, reichten dafür natürlich nicht).

Als wir dann nach einigen Schwierigkeiten unser Hab und Gut aus dem Auto bekommen hatten und unsere Sachen im Haus verteilten, wurde das Sofa direkt vom Balg belegt und der Fernseher auf die Teleschwuchteln geschaltet (erzieherische Maßnahmen seitens meiner Tante waren vergessen). Ich hatte dann aber erstaunlicherweise keine Lust auf weiteren Streit, weshalb ich mir meinen MP3-Player nahm und mich der Taubheit etwas näher brachte (Urlaub muss ja zu irgendwas gut sein). Den Rest des Tages verbrachte ich dann damit, so im Pool zu liegen und die deutsche Form von Urlaub zu praktizieren. Früh am Abend wurde mir aber klar, dass ein noch besserer Platz im Bett wäre. Am nächsten Morgen hieß es nämlich: Great Barrier Reef.

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